Kurz vorweg: Das hier ist keine detaillierte Anleitung zum Fingerschlaufenfelchten und Kumihimo. Davon gibt es genug frei verfügbar im Internet. Ich schreibe dafür über die Vor- und Nachteile der beiden Techniken.

Ich verwende bei meiner Kleidung immer wieder Schnürungen als Verschluss. Zu kaufen gibt es leider nur recht moderne Bändern & Kordeln, die noch dazu qualitativ nicht allzu berauschend sind. Und dann habe ich in Medieval Garments Reconstructed: Norse Clothing Patterns nicht nur sehr schöne spätmittelalterliche Schnittmuster gefunden, sondern auch jede Menge mittelalterliche Handwerke sehr einfach erklärt. Darunter war das sogenannte Fingerschlaufenflechten.

Normalerweise komme ich über normales Flechten mit drei Schnüren nicht hinaus, aber das Fingerschlaufenflechten kommt mir da sehr entgegen, weil immer alle Schnüre auf den Fingern aufgeräumt sind. Und dann gibt es noch den kleinen aber feinen Unterschied, dass beim Fingerschlaufenflechten Bänder mit einem runden Querschnitt heraus kommen. Bei den normalen Flechttechniken entstehen immer flache Bänder. Mir persönlich gefallen die runden Bänder besser für Schnürungen.

Bei meinen Recherchen zum Flechten bin ich dann auch noch auf Kumihimo gestoßen. Kumihimo ist eine japanische Flechttechnik, die nach einem ganz ähnlichen Prinzip wie das Fingerschlaufenflechten funktioniert, aber durch Verwendung eines Marudai (etwas ähnliches ist der Knüpfstern) wesentlich aufwendigere Flechttechniken- und muster erlaubt.

Maximallänge des Bandes bei Fingerschlaufenflechten & Kumihimo

Maximallänge des Bandes bei Fingerschlaufenflechten & Kumihimo

Ich verwende bis jetzt nur sehr einfache Bändern aus einfarbiger Wolle. Das Einflechten von Mustern beim Kumihimo ist für mich deshalb vorerst nicht so interessant. Es hat aber einen anderen Vorteil gegenüber den Fingerschlaufenflechten. Nämlich dass man theoretisch unendlich lange (oder zumindest so lang wie die Schnüre) Bänder flechten kann. Beim Fingerschlaufenflechten kann man die Bändern mehr oder weniger nur so lang flechten, wie die eigenen Arme lang sind, wenn man keinen Helfer hat. Man muss das Flechtwerk, dass ja an den Fingern gehalten wird, nämlich regelmäßig festziehen. Beim Kumihimo dagegen sind die Schnüre auf einer Holzscheibe befestigt und werden von einem Gewicht automatisch fest gezogen.

Ich habe verschiedene Varianten getestet. Die blauen Bändern sind fingerschlaufengeflochten mit drei, fünf & sieben Schlaufen (was doppelt so viele Schnüre bedeutet). Gerade bei der Variante mit sieben Schlaufen sieht man, wo meine Arme zu kurz waren und ich das Flechtwerk nicht gleichmäßig straff ziehen konnte. Das passiert beim Kumihimo nicht, da das Gewicht immer gleichmäßig zieht.

Die weißen Bänder bestehen aus ungefärbter Strickwolle und sind auf meinen provisorischen Marudai-Pappscheiben geflochten. Ich werde mir demnächst ein Marudai aus Holz bauen. Zum Ausprobieren funktioniert die Pappe aber hervorragend. Sie knickt nur ab und zu. Als Gewicht habe ich einen Brieföffner aus Metall verwendet. Ansonsten funktionieren auch Stoffsäckchen mit Sand oder Steinen gefüllt. Das Gewicht muss garnicht allzu schwer sein. Auf dem letzten Bild sind man die Variante mit acht Fäden die auf das Marudai aufgezogen ist und eine mit sechs Fäden (vorne im Bild).

Für mich persönlich ist damit also Kumihimo der Favorit. Das Problem mit historischer Kleidung ist dann aber leider, dass Kumihimo natürlich in Europa eher selten war. Anscheinend gibt es aber einen Flettehjul- (Dänisch) oder Flechtrad-Fund aus Tønsberg, Norwegen aus dem Jahr 1100. Dieser war allerdings sehr groß (zum Seile flechten). Lässt aber natürlich Spekulationen zu, ob es nicht auch kleine Varianten gab. (Quelle: http://blog.eibeck.de/2011/flechtrad-aus-fonsberg.html vor allem der Kommentar von Elin Bendtsen) Ich kann aber leider keine Publikation mit dem Flettehjul aus Tønsberg finden, also ist auch diese Quelle mit Vorsicht zu genießen. Ab dem 17. Jahrhundert scheint es Flechträder aber wirklich gegeben zu haben.